Feuerlöscher vs. Feuerlöschsprays
Feuerlöschsprays zur Brandbekämpfung in Arbeitsstätten?
Überarbeitete Empfehlung des Ausschusses für Arbeitsstätten (ASTA)
Ist der Einsatz von Feuerlöschsprays danach erlaub? Und wenn ja, unter welchen Bedingungen?
Bis Herbst 2022 entsprachen Feuerlöschsprays nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik und konnten laut ASTA nicht für die Grundausstattung angerechnet werden. Im September 2022 hat der Ausschuss seine Empfehlungen von 2018 überarbeitet*.
Darin werden Feuerlöschsprays als „handbetriebene Geräte zur Bekämpfung von Entstehungsbränden“ definiert und den „Feuerlöscheinrichtungen“ gemäß ASR A2.21 zugeordnet. Im Gegensatz zu früher können Sie eigenverantwortlich entscheiden, ob Sie Feuerlöschsprays bei normaler Brandgefährdung in Ihrem Betrieb anteilig für die Grundausstattung einsetzen.
ABER … dabei müssen Sie im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zahlreiche Aspekte berücksichtigen und gleichzeitig die Vorgaben aus der ASR A2.2 erfüllen – was nicht immer ganz einfach zu sein scheint und ein enormes Haftungspotential für den Betriebsverantwortlichen birgt!
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* Download ASTA-Empfehlung 09/2022
Was ist der Unterschied zwischen Feuerlöscher und Feuerlöschspray?
Feuerlöscher ...
sind tragbare Geräte zum Ablöschen von Klein- und Entstehungsbränden mit einem Löschmittelinhalt von 2 bis 9 Litern (Nasslöschmittel) bzw. 1 bis 12 kg (Pulver) und einem Gesamtgewicht von maximal 20 kg. Die häufig eingesetzten 6-Liter- bzw. 6 Kilogramm-Feuerlöscher bieten je nach Löschmittel eine Wurfweite von bis zu ca. 8 m und eine Funktionsdauer von bis zu ca. 60 Sekunden. Ein herkömmlicher 6-Liter-Feuerlöscher verfügt beispielsweise über ein Rating2 von 43A und erreicht somit eine Löschleistung von 12 LE (Löschmitteleinheiten3).
Feuerlöschsprays ...
sind zum Ablöschen von Kleinstbränden in der frühen Phase eines Entstehungsbrandes vorgesehen. Sie wiegen maximal ca. 1 kg. Die enthaltene Löschmittelmenge liegt bei unter 1 Liter bzw. Kilogramm. Die Sprühweite bewegt sich ca. zwischen 2 und 4 Metern; die Sprühzeit beträgt ca. 25 Sekunden. Im Laufe des Sprühvorgangs nimmt der Gasdruck ab, wodurch sich diese Sprühweite während der Sprühphase rasch verringert.
Die meisten Spraydosen weisen ein Rating von 3A oder 5A auf und erreichen damit keine oder lediglich 1 LE [s. Tabelle rechts]. Erst bei einem Rating von 8A verfügt ein Feuerlöschspray über 2 LE – was für die Anrechnung zur Grundausstattung mindestens erforderlich ist.
Es sind nach diesen Beispielen also mindestens 6 Feuerlöschsprays mit 2 LE notwendig, um an die Löschleistung eines gängigen 6-Liter-Feuerlöschers mit 12 LE heranzureichen.
Wie unterscheidet sich die Handhabung?
Feuerlöschsprays ...
funktionieren wie jede herkömmliche Spraydose und sind daher einfach und intuitiv bedienbar, so dass es in der Regel für die meisten Benutzer kein Problem darstellen dürfte, sie bei Bedarf einzusetzen und auch korrekt anzuwenden. Da ein Brandfall aber immer eine Ausnahmesituation mit enormem Gefahrenpotenzial darstellt, sollten alle Mitarbeiter in der Handhabung der Spraydosen und speziell auch im Einsatz zum Löschen von Entstehungsbränden unterwiesen werden.
Die Anwendung eines Feuerlöschers ...
ist nicht aus dem Alltag bekannt und kann daher beim Nutzer Unsicherheit auslösen. Diese ist unbegründet, da ein Feuerlöscher mit drei einfachen Handgriffen sofort einsatzbereit ist und sich eine solche Hemmschwelle bei regelmäßiger Durchführung der (vorgeschriebenen) betrieblichen Brandschutzunterweisungen schnell abbauen lässt.
Welche Anforderungen stellt die ASTA an Feuerlöschsprays in Betrieben?
Die Anforderungsliste des ASTA ist recht umfangreich und in jedem Fall vom Betriebsverantwortlichen zu beachten. Nachstehend wird nur auf einige wenige Punkte daraus genauer eingegangen:
Die Feuerlöschsprays müssen unter anderem …
- der DIN EN 16856 „Feuerlöschsprays“ entsprechen (Achtung: Die frühere DIN SPEC 14411 „Löschspraydosen“ wurde durch diese DIN ersetzt.4)
- über mindestens 2 LE (für die Brandklasse A) verfügen
- regelmäßig5 auf Einhaltung des Ablaufdatums überprüft werden (Ablauf: spätestens 39 Monate ab dem Herstelldatum)
Je angefangene 400 m2 Grundfläche muss mindestens ein Feuerlöscher mit 6 LE bereitgestellt sein. Die übrigen Löschmitteleinheiten nach ASR A2.2 können durch Feuerlöschsprays abgedeckt werden [s. Tabelle 2].
Wichtig:
Wenn die Grundausstattung mit Feuerlöscheinrichtungen abweichend von den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“ ASR A2.2 erfolgt, muss sichergestellt sein, dass damit trotzdem mindestens die gleiche Sicherheit für die Beschäftigten erreicht wird. Unklar ist, ob andere Mittel tatsächlich den gleichen Schutz bieten. Diese Abwägung obliegt dem Betriebsverantwortlichen in eigener Verantwortung.
Wichtig:
Richtet sich der Betreiber nach den bekannten „Technischen Regeln“, kann er davon ausgehen, dass er in Bezug auf den Anwendungsbereich der ASR die Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung einhält (Vermutungswirkung). Die Empfehlungen des ASTA hingegen entfalten jedoch gerade keine Vermutungswirkung!
Was ist wirtschaftlicher und nachhaltiger?
Feuerlöschspray oder Feuerlöscher?
Zu dieser Frage werden hier lediglich Feuerlöschsprays mit 8A/2LE betrachtet, da alle anderen mit weniger Löschleistung für die Anrechnung auf die Grundausstattung und somit für den Einsatz in Betrieben ohnehin nicht zulässig sind.
Ein Feuerlöschspray (0,7 Liter) mit 2 LE (8A) kostet derzeit knapp 35 Euro also 50 Euro/Liter. Der Preis für einen hochwertigen Auflade-Feuerlöscher (6 Liter) mit 12 LE (43A) liegt bei ca. 127 Euro, also rd. 21 Euro/Liter. Sechs Feuerlöschsprays wären nötig, um auf 12 LE zu kommen, was eine Gesamtsumme von 210 Euro ergibt6.
Spraydosen können nicht gewartet werden. Deswegen sieht die DIN EN 16856 eine maximale Lebensdauer von 39 Monaten ab Herstellerdatum für sie vor. Das heißt, nach gut drei Jahren müssen sie sachgerecht entsorgt werden. Das gilt vor allem für unbenutzte und auch nicht-restentleerte Spraydosen. Diese dürfen nicht über den Hausmüll entsorgt werden, da es sich bei ihnen um Sondermüll (!) handelt, was für jede Sprühdose zusätzliche Entsorgungskosten nach sich ziehen kann. Theoretisch können Feuerlöschsprays nach Ablauf der Zeit weiter benutzt werden, jedoch mit dem Risiko, dass die Funktionsfähigkeit nicht mehr gegeben sein könnte. Nach einem Löscheinsatz müssen die Spraydosen entsorgt und durch neue ersetzt werden.
Die Funktionsfähigkeit eines Feuerlöschers wird im Rahmen der regelmäßigen Prüfung und Wartung durch einen Fachmann sichergestellt. Dadurch erreicht ein Feuerlöscher eine Lebensdauer von bis zu 25 Jahren.7 Nach einem Löscheinsatz wird der Feuerlöscher erneut befüllt und ist danach wieder betriebsbereit. Nach einem erforderlichen Löschmittelaustausch oder nach Ablauf der Lebensdauer lassen sich Löschmittel und Feuerlöscher fachgerecht aufbereiten.
Ein Feuerlöschspray ist zwar auf den ersten Blick günstiger als ein Feuerlöscher, aber bei einer verständigen Betrachtung über 20 bis 25 Jahre, also der laut Herstellervorgaben maximalen Lebensdauer eines Feuerlöschers, ergibt sich schnell eine Kostenersparnis zugunsten des Feuerlöschers. Und dieses auch unter Berücksichtigung der anfallenden Wartungskosten, denn:
Es bedarf einer großen Anzahl von Feuerlöschsprays, um die Löschleistung eines einzelnen Feuerlöschers zu ersetzen. Durch die enorm kurze Lebensdauer müssen die Löschsprays spätestens alle 39 Monate ausgetauscht, also neu angeschafft werden. Über die Jahre betrachtet können so die Anschaffungs- und Entsorgungskosten für die große Zahl an Spraydosen daher viel höher ausfallen als die für einen Feuerlöscher.
Selbst wenn der Hersteller eines normgerechten Feuerlöschsprays eine Haltbarkeit von fünf Jahren – statt der aktuell festgeschriebenen 39 Monate – gewährt, erreichen sie auch dann nur ein Fünftel der möglichen Lebensdauer eines Feuerlöschers.
Anrechnung auf die Grundausstattung
Sofern tragbare Feuerlöscher mit nur 2 LE eingesetzt werden, muss nach ASR A2.2 neben weiteren Anforderungen die Entfernung zum nächstgelegenen Feuerlöscher auf 10 m halbiert werden, um die geringere Löschleistung der einzelnen Feuerlöscher zu kompensieren. Ebenso muss die Zahl an ausgebildeten Brandschutzhelfern im Betrieb verdoppelt werden. Denn je mehr Feuerlöscheinrichtungen vorhanden sind, desto mehr geschultes Personal wird erforderlich, um diese Löschgeräte gegebenenfalls gleichzeitig einsetzen zu können. Insoweit steigen entsprechend die erforderlichen Ausbildungskosten.
Offen bleibt, wie die neue ASTA-Empfehlung mit diesen ASR-Vorgaben vereinbar ist. Sie besagt nämlich, dass beim Einsatz von Feuerlöschsprays der pro 400 m² Fläche bereitgestellte Feuerlöscher auf bis zu 20 m Laufweglänge erreichbar sein muss. Von einer Erhöhung der Brandschutzhelfer-Anzahl ist gar keine Rede. Damit stellt sich aber die Frage, ob nach diesen Empfehlungen überhaupt die gleiche Sicherheit und der gleiche Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreicht wird.
Der ASTA beschreibt mögliche Einsatzbereiche für Feuerlöschsprays in Arbeitsstätten mit normaler Brandgefährdung und führt unter den Beispielen auch Pflegeeinrichtungen auf. Auch hier liegt eine Diskrepanz zur ASR A2.2 vor, da dort Alten- und Pflegeheime als Bereiche mit erhöhter Brandgefährdung definiert sind, so dass hier keine Feuerlöscheinrichtungen mit 2 LE eingesetzt werden dürfen, sondern – im Gegenteil – zusätzliche betriebs- und tätigkeitsspezifische Maßnahmen zu ergreifen sind.8
Anforderungen an die Bereitstellung von Feuerlöscheinrichtungen
Die ASR A2.2 stellt eine Vielzahl von Anforderungen, die beim Einsatz von Feuerlöscheinrichtungen jeglicher Art zu erfüllen sind. Einige davon, die für Feuerlöscher zählen, wurden in der ASTA-Empfehlung ebenso auf Feuerlöschsprays übertragen (Standorte, Sichtbarkeit, Erreichbarkeit, Wandhalterung etc.).
Hinsichtlich der Standort-Kennzeichnung bleiben aber Fragen offen: Während es für Feuerlöscher das Brandschutzzeichen F001 „Feuerlöscher“ gibt9, fehlt für Feuerlöschsprays ein entsprechendes Brandschutzzeichen. Folglich können diese Standorte nicht korrekt und einheitlich gekennzeichnet werden.
Zudem müssen die Standorte der Feuerlöscheinrichtungen in den Flucht- und Rettungsplänen aufgenommen werden10. Gleiches müsste dann auch für Feuerlöschsprays gelten. Allerdings fehlt hierfür ein Symbol, da bisher kein offizielles Brandschutzzeichen dafür vorliegt. Wie also soll der Betriebsverantwortliche die Feuerlöschsprays dort darstellen lassen?
Feuerlöschsprays – Vorteile, Risiken, Alternativen
Feuerlöschsprays mit maximal 1 kg Gewicht sind wesenlich leichter und handlicher als tragbare Feuerlöscher mit 6 Liter Löschmittelinhalt. Ihre Handhabung muss möglicherweise auch nicht so intensiv geschult werden wie die eines Feuerlöschers. Feuerlöschsprays könnten daher bevorzugt überall dort eingesetzt werden, wo die Bewegungsfreiheit am Arbeitsplatz eingeschränkt ist oder die Handhabung für bestimmte Personen erleichtert werden soll.
Im Gegensatz zu Auflade-Feuerlöschern müssen Feuerlöschsprays gegebenenfalls vor Sonnenbestrahlung geschützt sein und dürfen häufig keinen Temperaturen über 50 °C ausgesetzt werden. Bei Erwärmung können Sie bersten. Das kann bei der Platzierung zu Problemen führen (Sonneneinfall durch Fenster und Türen berücksichtigen!) und im Falle einer Explosion der Spraydose gegebenenfalls eine Gefahr für die Beschäftigten darstellen.
Mit dem Einsatz von Feuerlöschsprays werden Abstriche bei der Größe des beherrschbaren Entstehungsbrandes und der Leistungsfähigkeit des Löschgerätes vom Betriebsverantwortlichen bewusst in Kauf genommen. Er muss daher sicherstellen, dass die ergänzenden Anforderungen zur Anrechnung auf die Grundausstattung eingehalten werden.
Ein Kompromiss wäre gegebenenfalls der Einsatz eines 3-Liter-Feuerlöschers (WH3 nG blue), zum Beispiel mit 21A (6 LE) zur Bekämpfung von Entstehungsbränden der Brandklasse A. Er erfüllt die Voraussetzung eines einfachen Handlings und ist dennoch ohne jegliche Einschränkungen oder ergänzende Auflagen für die Grundausstattung anrechenbar.
Fazit
Neben dem geringen Gewicht und der leichten Handhabung ist die Größe des Feuerlöschsprays auf jeden Fall in privaten Haushalten ein starkes Pro-Argument. Eine Spraydose lässt sich leicht im Nachtschrank oder in der Küchenschublade verstauen. Sie ist auch dort von Vorteil, wo der Feuerlöscher nur schwer eingesetzt werden kann, z. B. für Personen mit Behinderung, mit Gehhilfen oder im Rollstuhl. Daher ist sie auch nach DIN EN 16856 „für die Verwendung durch ungeübte Personen im häuslichen Bereich vorgesehen“.
Da nichts verkehrt sein kann, was zum sicheren Löschen von Entstehungsbränden beiträgt, spricht grundsätzlich nichts gegen den zusätzlichen Einsatz von Feuerlöschsprays – allerdings müssen bei der Anrechnung auf die Grundausstattung in Betrieben zahlreiche ergänzende Maßnahmen umgesetzt werden, um die geringere Löschleistung wettzumachen. Die Empfehlungen des ASTA sind hierzu nicht in allen Punkten eindeutig bzw. ASR-konform.
Wer eine Gewichtsersparnis beim Feuerlöscher fordert und wem die Einhaltung der ergänzenden Auflagen bei der Bereitstellung von Feuerlöschern mit weniger als 6 LE oder Feuerlöschsprays mit 2 LE zu aufwendig oder zu teuer ist, kann stattdessen einen 3-Liter-Feuerlöscher mit 6 LE für die Grundausstattung seines Betriebes einsetzen.
Bei der Entscheidung für oder gegen Feuerlöscher oder Feuerlöschspray sollten in jedem Fall auch das Preis-Leistungs-Verhältnis und der Umweltaspekt, insbesondere im Hinblick auf die Nachhaltigkeit, berücksichtigt werden.
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1 Technische Regeln für Arbeitsstätten, ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände, Abschnitt 3.6 – Feuerlöscheinrichtungen
2 Löschvermögen
3 Hilfsgröße, die es ermöglicht, die Leistung unterschiedlicher Feuerlöschertypen zu vergleichen und das Gesamtlöschvermögen von mehreren Feuerlöschern zu ermitteln.
4 s. Einführungsbeitrag www.beuth.de/de/norm/din-en-16856/316095018
5 Den Begriff „regelmäßig“ muss der Betreiber genau definieren. Dabei hat er die Betriebsbedingungen, Produkteigenschaften und mögliche Gefährdung bei Ausfall der Löscheinrichtung zu berücksichtigen.
6 Preise/Berechnung zum Zeitpunkt der Beitragserstellung, März 2023
7 bei vorschriftsmäßigem Einsatz und regelmäßiger Wartung/Instandhaltung
8 s. ASR A2.2, Abschnitt 6.1
9 s. ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung“
10 s. ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge“
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